Vikarie in Ostercappeln
Die „alte Vikarie“ zählt zu den ältesten Wohnhäusern in Ostercappeln. Das Gebäude gehört zur Stiftung des Domherren Klecker an die katholische Kirchengemeinde aus dem Jahre 1695. In dem Gebäude mit Barockelementen war die Bibliothek der Kirchengemeinde untergebracht. Der drohende Abriss des leerstehenden Gebäudes konnte in letzter Minute verhindert werden, da sich die Gemeinde Ostercappeln aufgrund des Nutzungskonzeptes für eine Sanierung entschied.
Die Vikarie wurde 1678 erbaut und folgt typologisch dem Muster des Hallenhauses, dessen Grundriß bis heute erhalten blieb. An der Straßenfront führte ein Tor auf die befahrbare Diele, die als Wirtschaftsraum diente. Dahinter das quer gelagerte Flett, das als Wohn- und Hauswirtschaftsraum diente und abschließend das Kammerfach mit den abgesonderten Wohnräumen.
Vom bäuerlichen Hallenhaus der Umgebung unterscheidet sich dieses Gebäude in mehreren charakteristischen Punkten. Es ist ein Vierständerbau, sein Kammerfach ist ganz unterkellert, besitzt jedoch keine sonst als Kornboden dienende Aufsprungkonstruktion, sondern eine Querbalkenlage in Fortsetzung der Dielenbalken. Ungewöhnlich ist der innerhäusige, sorgfältig aus Bruchsteinen geschichtete Brunnen mit Überlauf im linken Flettarm.
Die Hauswände haben wahrscheinlich von Anfang an aus massivem Bruchsteinmauerwerk bestanden. Beweise für oder gegen ursprüngliche Fachwerkwände sind noch nicht gefunden. Die Gestaltung des Wirtschaftsgiebels mit dem Dielentor, dessen profilierte Kämpfersteine in durchaus gekonnter Weise eine Linie mit dem geschwungenen Querholz der Torflügel bilden, und mit den seitlich davon hochliegenden Ochsenaugen zur Belichtung der Diele spricht eher für das mittlere 18. Jahrhundert; doch mag dies auch Folge eines Umbaus oder Angleichung der Tores an den Bestand sein.
In jedem Fall ist die Konstruktion als Vierständerbau für das Jahr 1678 und die Verwendung von Bruchsteinaußenwänden, selbst wenn sie erst aus dem mittleren 18. Jahrhundert stammen sollten, hier ungewöhnlich früh. Für den bäuerlichen Vierständerbau, wie er – zunächst im Südosten des Kreisgebietes – seit etwa 1700 langsam üblich wird, scheinen zwei Vorbilder gewirkt zu haben: die großen Bauhöfe auf Gütern und die kleineren Wohn-Wirtschaftsgebäude in Städten und Flecken.
Von der ersteren Gruppe ist der fachwerkene Bauhof auf Gut Sondermühlen aus der Zeit wohl noch vor 1600 das älteste bekannte Beispiel aus dem Kreisgebiet. Vielleicht gehört dazu auch der Kernbau der unweit Ostercappeln gelegenen Wahlburg. Schon Bruchsteinaußenwände besitzt der Bauhof auf Alt-Barenaue wohl aus dem 17. Jahrhundert und die Steinburg in Hesepe von 1717 (die ein ähnliches Dielentor wie die Vikarie besitzt). Kleiner dimensioniert und entsprechend mit leicht abgewandeltem Grundriß, aber auch einem Vierständerbau ähnlich konstruiert waren die sogenannten Ackerbürgerhäuser dicht bebauter Orte, von denen es etwa in Quakenbrück noch Bespiele gibt. In Ostercappeln mag die alte Apotheke Große Str. 9 zu dieser Gruppe gehört haben.
Beide Linien, die feudale und die ackerbürgerliche, fließen in der Vikarie gleichsam zusammen, und zwar im ältesten bekannten Beispiel dieser Art. Für ihren in Konstruktion, Nutzung und gestalterischem Anspruch modernen und noblen Charakter dürfte der Bauherr verantwortlich gewesen sein.
Es handelte sich bei ihm um den Osnabrücker Domherrn Klecker, der von einem Vollerbenhof der zum Ostercappelner Kirchspiel gehörenden Bauerschaft Haaren stammte und den von ihm in der Wiederaufbauphase nach dem 30jährigen Krieg errichteten Bau 1695 der Kirchengemeinde als Wohnsitz des Vikars, des 3. Geistlichen, stiftete. Als Folge dieser privaten Bauherrenschaft wird die Vikarie (z. B. in der DuPlat‘schen Landesaufnahme von 1790 unter lit. r) nicht zu den kirchlichen Gebäuden, sondern zu den Wördenerstellen gerechnet.
Der Grundriß der Bauzeit ist, wie angedeutet und wenigstens zur Zeit, nicht exakt zu rekonstruieren. Sicher ist die Dreigliederung in Diele, Flett und Kammerfach; sicher ist auch, daß das linke Seitenschiff schmaler war und – da fensterlos – ganz oder in Teilen als Stall gedient hat; unklar ist, ob bzw. in welchem Ausmaß dies auch für das rechte Seitenschiff gilt; wahrscheinlich ist die bis zum Schluß vorhandene Aufteilung des Kammerfachs in drei Räume. Es ist zu vermuten, daß die zuletzt angetroffene Form, bei der Wohnräume in allen belichtbaren Hausteilen liegen, in zwei Schüben erfolgte, einmal im 18. Jahrhundert und im 19. Jahrhundert (vielleicht zusammen mit dem Einbau des 1894 datierten Wandkamins). So wird gerade durch die jüngeren Veränderungen der typische Wandel von einer mehr landwirtschaftlichen zu einer mehr wohnlichen Nutzung sehr anschaulich.
Das Gebäude hat eine erhebliche kirchengeschichtliche Bedeutung. So stiftete der im Ostercappelner Gemeindeteil Haaren gebürtige Osnabrücker Domherr Klecker im Jahre 1695 das Haus der Kath. Kirchengemeinde Ostercappeln. Es sollte dort der Vikar, der dritte Geistliche der Ostercappelner Kirchengemeinde, wohnen. Dies geschah auch über gut zwei Jahrhunderte. Einer der ersten Vikare war Jodocus Heinrich Klecker, der 1703 geboren und am 04.01.1768 gestorben ist. Mit der Einrichtung des Ostercappelner Krankenhauses St. Raphael im Jahre 1889 und der Bestallung des dort amtierenden geistlichen Rektors entfiel die Stelle eines dritten Geistlichen in der Kirchengemeinde St. Lambertus.
Das Gebäude hat nun eine vernünftige längerfristige Nutzung in Zusammenhang mit der Unterbringung der kommunalen Arbeitsvermittlung - Regionalstelle Ostercappeln - ab Anfang 2005 erfahren. Die baulichen Maßnahmen sind fristgerecht am 01. Juli 2005 beendet worden.

Im hinteren Grundstücksbereich entstand der barocke Hausgarten mit Erlebnisstationen. Die Grundstruktur des barocken Hausgartens wird durch Wege aus Bruchsteinen gebildet. Die Randbereiche werden durch geometrisch beschnittene Sträucher, Hecken und Blumenbeete gestaltet. Bei der Planung wird Wert auf Symmetrie gelegt. Der Hausgarten ist Teil des architektonischen Gesamtkonzeptes und bildet ein organisches Ganzes.
Die Sanierung des Gebäudes konnte nur in einem sehr engen Zeitfenster und durch die Mithilfe einer Vielzahl von Förderstellen durchgeführt werden.
Sponsoren:
EU-Fördermittel (ETLR) über das Amt für Agrarstruktur (heute GLL) Osnabrück
Stiftung der Sparkasse im Osnabrücker Land
Land Niedersachsen, Denkmalpflege
BINGO-Lotto für Barockgarten
Klosterkammer Hannover